NRW: Studiengebühren auf der Kippe

Düsseldorf/Stuttgart. 1.500 Euro pro Semester will die Landesregierung in NRW von Studenten aus Nicht-EU-Ländern verlangen. Auf die Einführung des baden-württembergischen Modells in NRW haben sich CDU und FDP geeinigt. Ob die Studiengebühren jedoch tatsächlich eingeführt werden, ist unklar. Denn Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) hat angekündigt, keine Studiengebühren einzuführen, wenn die Zahl ausländischer Studenten in Baden-Württemberg einbricht. Vorläufige Zahlen bestätigen nun die Befürchtungen: Zum aktuellen Wintersemester haben sich 26 Prozent weniger ausländische Studenten in Baden-Württemberg beworben als im Vorjahr. Ein Aus für die geplanten Studiengebühren in NRW bedeuten die Zahlen jedoch trotzdem noch nicht, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium. Weil es sich bei den Zahlen um Bewerberzahlen handelt, seien keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Zahl ausländischer Studenten möglich, erklärt eine Sprecherin. "Um zu fundierten Aussagen zu kommen, werden wir die amtlichen Zahlen abwarten. Auch die Einnahmesituation, die sich am Ende in Baden-Württemberg ergibt, muss mit betrachtet werden." Mit belastbaren Zahlen rechnet das Ministerium 2018. Die SPD im Landtag will nicht abwarten und fordert die Landesregierung auf, aus den Fehlern, die in Stuttgart gemacht wurden, zu lernen. "Die Gebühren sind sozial und ökonomisch problematisch und schaden dem Land, seiner Wissenschaft und Wirtschaft", moniert der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Michael Hübner. Zudem befürchten die Hochschulen in OWL, dass ihre Bemühungen der vergangenen Jahre um die Internationalisierung von Forschung und Lehre durch die Einführung der Studiengebühren ausgebremst werden. Besonders besorgt sind die Musik- und Kunsthochschulen, die mit 30 bis 40 Prozent einen besonders hohen Anteil ausländischer Studenten haben. Der Rektor der Hochschule für Musik Detmold, Thomas Grosse, ist Sprecher der Landesrektorenkonferenz der Kunst- und Musikhochschulen in NRW und sieht seine Befürchtungen durch die Entwicklung in Baden-Württemberg bestätigt. "Der größte Rückgang bei den Musikhochschulen in Baden-Württemberg trifft mit Trossingen einen Ort, der beste Studienbedingungen bietet, aber abseits der großen Metropolen liegt. Dort scheint die infrastrukturelle Anbindung zulasten der Studiennachfrage aus dem Nicht-EU-Ausland zu gehen", erklärt Grosse. "In einer ähnlichen Situation befindet sich die Hochschule für Musik Detmold, die im Vergleich zu den anderen Hochschulen in Köln, Essen und Düsseldorf im Wettbewerb um die besten Köpfe ohnehin benachteiligt ist." Ein Rückgang der Studierendenzahlen in vergleichbarer Höhe würde das internationale Renommee und die Qualität der Ausbildung schwächen. Auch die Universität Paderborn, die aktuell 1.800 Studenten aus Nicht-EU-Staaten zählt, befürchtet, dass die Einführung von Studiengebühren zu weniger Interesse bei ausländischen Studenten führen wird. Die Universität begrüßt nach Angaben von Vizepräsidentin Birgit Riegraf grundsätzlich alle Maßnahmen der Landesregierung, die sie in ihrer Internationalisierungsstrategie unterstützen. Daran werde sie die Maßnahmen der Landesregierung messen, das gelte auch für eine Einführung von Studiengebühren. Die Landesrektorenkonferenz der Universitäten NRW, dessen Vorsitzender der Bielefelder Universitätsrektor Gerhard Sagerer ist, erklärt hingegen, dass nicht zwingend davon auszugehen ist, dass internationale Studierende bei der Erhebung einer Gebühr fernbleiben. Das zeige das Beispiel der Musikhochschule in Leipzig. "Dennoch sollten Internationalisierungsbestrebungen in keinem Fall konterkariert werden. Letztendlich muss sich in einem solchen Modell zeigen, welche Auswirkungen auf die Bemühungen der Universitäten zu erwarten sind." Nach Einschätzung der Leitung der Hochschule OWL sollte der Zugang zur Hochschulbildung nicht vom Geldbeutel abhängig sein. "Wir begrüßen es, wenn die Erfahrungen aus Baden-Württemberg in die Entscheidung in NRW einbezogen werden", sagt Vizepräsidentin Yvonne-Christin Bartel. Zudem sei es begrüßenswert, dass in NRW Bildungsinländer von der Erhebung ausgenommen sein sollen. "Falls Studiengebühren eingeführt werden, wird für Studierende aus Entwicklungsländern oder mit besonderen sozialen Härten sowie für anerkannte Flüchtlinge eine Ausnahmeregelung zu schaffen sein." Darüber hinaus erfordere die Diskussion um Studiengebühren auch eine ökonomische Betrachtung. An der Fachhochschule Bielefeld herrscht die Meinung, "dass konkrete Beschlüsse abzuwarten sind und damit auch die Entscheidung, wer betroffen sein wird und wozu die Gelder verwendet werden", erklärt Präsidentin Ingeborg Schramm-Wölk.

Meistgelesen